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Fusionen und Unternehmenskultur

 

 

Von Oliver Recklies

 

 

Problemstellung. 1

Die kulturelle Bestandsaufnahme. 5

Checkliste „Unternehmenskultur und Fusion“7

 

 

Problemstellung

Kulturelle Differenzen zwischen Fusionspartnern sind mit der häufigste Grund für das Scheitern von Fusionen.

 

§         Buono und Bowditch 1989

§         Cartwright und Cooper 1992

§         Mitchell und Holmes 1996

§         KPMG 1997

§         Hubbard 1999

 

Dies betrifft sowohl den Zeitraum vor als auch nach dem Abschluss der Verhandlungen. Trotzdem wird die Unternehmenskultur oft als Oberbegriff für Begriffe wie Verhaltensweisen, Ziele, Eigeninteressen u.s.w. gemacht, wenn es darum geht, weiche und zugleich problematische Faktoren im Zusammenwirken / Zusammenarbeiten von Mitarbeitern zu beschreiben.

 

 

 

 

 

Eine kulturelle Integration oder Zusammenführung ist für den Erfolg der Fusion aber von entscheidender Bedeutung. Die Unternehmenskultur kann dabei als definierter Prozess gemanagt werden, denn auch sie hat strukturelle Elemente.

 

Die organisatorische Zwiebelhaut

 

 

Die Unternehmenskultur wird dabei durch unterschiedliche – zum Teil auch aufeinandereinwirkende – Faktoren bestimmt:

§         Artefakte

§         Managementstile

§         Normen

§         Werte

§         Glauben

§         Annahmen

 

Am einfachsten kann die Unternehmenskultur mit dieser Aussage umschrieben werden: „Die Art und Weise, wie wir Sachen und Maßnahmen hier angehen.“ In der Praxis ist es durchaus auch möglich, das in einer Unternehmung gleichzeitig verschiedene Kulturen existieren, was die Sache auch nicht einfacher macht. Dabei gibt es keine „richtige“ Kultur für eine Organisation, sondern nur eine, die am besten zur Geschäftsumgebung passt.

 

Insgesamt können 3 Arten von kulturellen Unterschieden dargestellt werden:

§         Cross-Nationale Unterschiede (insbesondere bei internationalen Fusionen)

§         Cross-Organisatorische Unterschiede

§         Cross-Funktionale Unterschiede

 

Ausgehend von der Praxis ist festzustellen, dass die Felder des kulturellen Zusammenpassens oder der kulturellen Probleme sind in diesen Bereichen zu suchen sind:

§         Organisatorische Werte

§         Managementkultur und Führungsstile

§         Organisatorische Mythen und Geschichten

§         Organisatorische Taboos, Rituale

§         Kulturelle Symbole

 

Dabei entwickeln kulturelle Probleme oft ihre ganz eigene Dynamik:

1.       Entdecken von Differenzen

2.       Betonen und Bewerten der Differenzen

3.       Entwickeln von gegenseitigen Stereotypen

4.       Gegenseitiges vorhalten und „niedermachen“

5.       Schlacht um die kulturelle Vorherrschaft

 

Nach einer Studie von ATKEARNY liegt ein Problem nun darin, dass in der Regel in Fusionen der Stärkere den Schwächern seine Kultur aufzwingt, ohne zu hinterfragen, ob das der richtige Ansatz ist. Es mag Situationen geben, in denen ein solches Vorgehen effektiv ist und zum Ziel (erfolgreiche Fusion und Integration) führen wird. In anderen Situationen wird dieses Vorgehen, den Wert, der eigentlich erst aufgebaut werden soll, von vornherein zerstören. Dies gilt vor allem dann, wenn die beiden Unternehmen in völlig unterschiedlichen Märkten erfolgreich tätig sind, für die ggf. sogar unterschiedliche Kulturen zur Bildung und Gestaltung von Kernkompetenzen erforderlich sind. Hier wäre es ratsam, die bestehenden Kulturen zu ermitteln.

 

Warum ist Unternehmenskultur aber nun so wichtig? Die Unternehmenskultur wirkt sich auf die Leistungsfähigkeit einer Organisation aus, denn sie bestimmt:

·         Die Art und Weise, wie Probleme und Fragestellungen angegangen werden.

·         Die Einstellung der Mitglieder im Hinblick auf Veränderungen.

·         Die Art und Weise, wie in der Organisation miteinander umgegangen wird.

·         Die Art und Weise, wie mit den Stakeholdern umgegangen wird.

·         Das Engagement der Mitglieder im Hinblick auf die Strategie.

 

 

Bei einer vollständigen Integration (die allerdings in der Praxis selten erreicht werden wird) sollte eine gemeinsame Kultur aus den bisherigen Unternehmenskulturen ermittelt werden. Dabei wird – quasi im Extrakt – das möglichst Beste aus den beiden Unternehmenswelten in der neuen Kultur vereint.

Typsicherweise wird eine kulturelle Integration (leider) wie folgt ablaufen. Grundsätzlich können 4 Arten der kulturellen Integration unterschieden werden:


 

 

Kultureller Pluralismus

 

 

 


Kulturelle Überblendung

 

Kulturelle Übernahme

 

 

 


Kultureller Widerstand

 

In der Praxis funktionieren die kultureller Pluralismus und kulturelle Überblendung nur selten. Aufgrund der sich abzeichnenden Probleme entwickelt die übernommene Organisation eine Art kulturellen Widerstand, welche durch die herrschenden Macht- und Organisationsverhältnisse nach einer gewissen Zeit überwunden wird. Der Prozess schließt mit der kulturellen Übernahme der Organisation ab.

 

Das Problem der Fusion liegt nun darin, das Menschen unterschiedlichen Kulturen plötzlich zusammengewürfelt werden, wobei von ihnen erwartet wird, dass sie komplexe Aufgaben strategischer und operativer Natur miteinander diskutieren und Lösungen entwickeln. Hinzu kommen die typischen Unsicherheiten einer Fusion. Noch problemreicher wird die Situation, wenn verschiedene Nationalitäten zusammenkommen.

 


 

Die kulturelle Bestandsaufnahme

Ein Hilfsmittel zur Identifikation und Überwindung von kulturellen Differenzen zwischen den Organisationen ist die kulturelle Bestandsaufnahme. Eine gründliche Bestandsaufnahme ermöglicht es, die Interaktionen zwischen beiden Unternehmen bzw. zwischen den Mitarbeitern zu verstärken, weil aufgezeigt wird, wo Lücken sind und auch, wo Gemeinsamkeiten bestehen.

 

 

 

Merkmale der Kultur

Wahrnehmung des anderen Unternehmens

Selbstwahrnehmung

 

Wahr

Falsch

Wahr

Falsch

Demokratisch

 

 

 

Bürokratisch

 

 

 

 

Autoritär

 

 

 

 

Offen für Veränderungen

 

 

 

 

Traditionell

 

 

 

 

Verantwortungsbewusst gegenüber Mitarbeitern

 

 

 

 

Teamorientiert / kooperativ

 

 

 

 

Hierarchisch

 

 

 

 

Transparenz des Entscheidungsprozesses auf hoher Ebene

 

 

 

 

Internationaler Schwerpunkt

 

 

 

 

Bereichsegoismen

 

 

 

 

Langfristige Ausrichtung

 

 

 

 

Antworten von Unternehmen A   Antworten von Unternehmen B    Differenz: Potential für kulturelle Probleme

Beispiel für Kulturanalyse zur Identifikation von kulturellen Unterschieden

 

Eine Möglichkeit zur Durchführung dieser Analyse ist die Gegenüberstellung von Selbst- und Fremdwahrnehmung hinsichtlich verschiedener Aspekte und Ausprägungen der Unternehmenskultur. Die unterschiedlichen Antworten zu gleichen Sachverhalten von Organisation A und B zeigen dabei das Potential für kulturelle Unterschiede auf.

 

Ein weiterer wichtiger Schritt ist das Schaffen einer neuen kulturellen Basis, auf der die neue Kultur wachsen kann. Der Name der neuen Organisation kann dabei eine zentrale Rolle oder doch zu mindestens einen Startpunkt darstellen. Dieser Punkt demonstriert nach innen wie nach außen die einsetzende Veränderung.

 

Unternehmen 1

Unternehmen 2

Name der neuen Organisation

Traveler’s

Citicorp

Citigroup

Daimler-Benz

Crysler

Daimler-Chrysler

Grand Metropolitan

Guiness

Diageo

Hoechst

Rhone-Poulenc

Aventis

James River Corp.

Fort Howard

Fort James

Arthur Andersen Consulting

Wg. Herauslösung

Accenture

Ciba-Geigy

Sandoz

Novartis

SmithKline Beckman

Beecham

SmithKline Beecham

Union Bank of Switzerland

Swiss Bank Corporation

United Bank of Switzerland

Ausgewählte Veränderungen von Firmen

 

Ebenso müssen die anderen Elemente der Kultur (wie die HR-Systeme, Leistungsmessung) aneinander angepasst und kommuniziert werden. Organisationen, welche sich für eine Integrationskultur entscheiden, müssen aufpassen, dass in diesem Prozess nicht einer der Partner bevorzugt oder benachteiligt wird. Wichtig ist auch eine Durchmischung der Mitarbeiter der alten Organisationen zu erzielen, um Diskussionen im Sinne von „Unternehmen A“ und „Unternehmen B“ (was dann unweigerlich in den Köpfen bestehen bleiben würde), zu vermeiden. Aus der Praxis heraus hat sich eine „Umsetzungsquote“ von min. 25 % als notwendig erwiesen. Nur dadurch wird für alle Beteiligten deutlich, dass sich zukünftig etwas ändern wird.

 

 

Weitere Lösungsmöglichkeiten zur Verhinderung von kulturellen Problemen

§         Newsletter und Hotlines

§         Realistische Fusionsvorherschauen

§         Workshops

§         Umfragen und Feedbackanalyse

§         Integrationsteams

§         Teambildung

§         Gegenseitiges Bewerten von Mischteams

 

 

Die neue Regeln für die „kulturelle“ Gestaltung einer Fusion: Das Aufzwingen einer fremden Kultur ist nur in seltenen Fällen die richtige Lösung. Integrationskulturen sind schwerer zu erreichen, versprechen aber langfristig die besseren Ergebnisse.

 

 

Checkliste „Unternehmenskultur und Fusion“

ü       Entwickeln Sie vor dem Abschluss der Fusion auch eine Strategie für die kulturelle Integration der beteiligten Unternehmen. Entscheiden Sie dabei, ob Sie eine der vorhandenen Kulturen übernehmen sollten oder letztendlich zu einer Integrationskultur kommen können.

ü       Analyse und Dokumentation der vorhandenen Kulturen. Die Unterschiede als auch die Gemeinsamkeiten zwischen den verschiedenen Kulturen werden erst im unmittelbaren Vergleich deutlich. Das Gleiche gilt für kulturelle Barrieren, Kommunikationsunterschiede und Missverständnisse.

ü       Entscheiden Sie, welche Rolle die Kultur einnehmen soll. Wenn Sie wissen, welche neue Kultur Sie wollen, bestimmen Sie genau, warum das so ist und wo Sie im Einzelnen hinwollen.

ü       Etablieren Sie Brücken zwischen den Unternehmen. Es gibt nichts besseres als eine Zusammenarbeit, wenn es darum geht, gegenseitiges Verständnis der Teilnehmer aufzubauen.

ü       Schaffen Sie eine kulturelle Währung oder einen kulturellen Mechanismus als Ankerplatz für die neue Kultur. Dazu gehört auch ein System von Anreizen und Sanktionen, um die neue Kultur durchzusetzen. Dabei muss das Führungsteam eine Vorbildfunktion übernehmen.

ü       Seien Sie geduldig. Es braucht einige Zeit, bis sich Menschen an eine neue kulturelle Realität gewöhnt haben.

 

 

 

 

 

© Oliver Recklies, Mai 01

 

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