Knowledge-Management – Im Heuhaufen des Wissens
von Oliver Recklies
Kernproblem.. 1
Das Knowledge-Management2
Teilbereich Dokumentenmanagement3
Ausblick. 4
Kernproblem
Woher weiß eine Organisation eigentlich, über welches Wissen sie verfügt? Wie erwirbt sie neues Wissen? Wie bewahrt sie das eigene Wissen auf? Wie lernt sie, sich von ihrem Wissen auch wieder zu trennen? Das Thema Wissensmanagement ist derzeit auch in Unternehmen wieder aktuell. Dies hat vor allem 3 Gründe:
- Die Veränderungen beim Personal haben in den letzten zehn Jahren stark zugenommen.
- Die Rahmenbedingungen und die Unternehmensumwelt haben sich für viele Organisationen in den letzten Jahren drastisch verändert. Im Wettbewerb ist jedes Unternehmen ständig gezwungen, Innovationen und Produktverbesserungen hervorzubringen, um den Anschluss nicht zu verlieren. Deshalb sind Kreativität und Wissensaustausch mehr denn je notwendig.
- Die Informationstechnologie (IT) hat in den letzten Jahren eine schnelle Entwicklung erfahren, dass nun Anwendungen möglich erscheinen, die vor zehn Jahren nur von IT-Spezialisten genutzt wurden. Insbesondere das Internet (mit seinen „Kollegen“ Intranet und Extranet), die Datenbanktechnologie und grafische Benutzungsoberflächen haben dazu geführt, dass viele IT-User ihre eigenen Lösungen entwickeln, um auf Daten zugreifen zu können, um sich Informationen zu beschaffen und – last but not least - ihr eigenes Wissen zu vermehren.
Über welches Wissen verfügt eine Organisation? Unter dem Aspekt des Unternehmens können 4 Gruppen von Wissen unterschieden werden:
Organisationswissen | Organisationshandbuch, Qualitätsmanagement, Betriebsvereinbarung, Bibliothek, Schulungsangebot, Stellenausschreibungen, Pressemitteilungen, Bedienanleitungen, Informationen für neue Mitarbeiter, Firmenpräsentation, Werbematerial |
Fachbereichswissen | Aufgabenbeschreibung, Projekte, Handbücher, Veröffentlichungen, Präsentationen, Protokolle, Arbeitsanweisungen, Zeitschriftenarchiv |
Personenwissen | Foren, Ansprechpartner, Gelbe Seiten |
Externes Wissen | Normen, Verordnungen, Informationen im Internet, Portale |
Mir ist egal, wie ein Mitarbeiter die benötigten Informationen bekommt. Hauptsache, er bekommt sie.
Jack Welch, General Electric
Grundsätzlich gilt: Das Wissensmanagement in einem Unternehmen ist vor allem eine Frage der vorherrschenden Unternehmenskultur!
Die meisten Organisationen haben erkannt, dass Technik für Wissensmanagement eine nachgeordnete Rolle spielt. Am Anfang steht die Unternehmenskultur. Die entscheidende Frage, die sich immer wieder zu Beginn stellt, ist: Sind die Mitarbeiter im Unternehmen bereit und willens, ihr Wissen an Kollegen weiterzugeben? Und sind sie bereit, fremdes Wissen als wertvoll zu betrachten, aufzugreifen und in ihre tägliche Arbeit einfließen zu lassen?
Wenn die Unternehmenskultur bereit ist für Wissensmanagement, dann können entsprechende organisatorische und technische Vorkehrungen getroffen werden. Eine innovative und gewinnbringende Form des Wissensmanagements kann z.B. der Aufbau einer Intranet-Plattform und einer internen "Business-Community" sein.
In diesem Zusammenhang ist auch ein Blick auf das generelle Knowledge-Management des Unternehmens zu richten. Idealerweise sollte es die folgenden Anforderungen erfüllen:
§ Schneller Zugriff auf Realtime-Informationen – Der Zugriff auf aktuelle Informationen ist ein absolutes Muss
§ Durchgängige, eindeutige und effiziente Verarbeitung von Geschäftsprozessen
§ Höhere Entscheidungsfindung in immer kürzeren Intervallen. Um Entscheidungen fällen zu können, müssen Daten in Informationen und diese wiederum in Wissen umgewandelt werden. Je mehr (zutreffendes) Wissen vorhanden ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass die richtige Entscheidung getroffen wird.
Knowledge-Management-Systeme basieren auf den folgenden Ebenen:
§ Wissenbeschaffung und Erstellung
§ Wissensverteilung und Kommunikation
§ Wissenszugriff und –Retrieval
§ Wissensarchivierung und –speicherung
Dabei können drei Typen von Knowledge-Management-Systeme unterschieden werden:
System | Definition | Funktionalitäten |
Content Management | Komplexe Mischung aus Kreation, Sammlung, Kontrolle und Veröffentlichung und Sicherheit von allen Informationen innerhalb der Organisation in Inter-, Intra- und Extranetzen. Es kann als zentrale Plattform für Wissensmanagement in den Unternehmen dienen. | Content-Kreation Content-Verwaltung |
Dokumentenmanagement | Traditionelle Fokussierung auf Desktop-Dokumente, liefern Collaborative Editing, Versionierung, Versionskontrolle, Wiedergabe Management, Zugangskontrolle, Sicherheit und Workflow | Content-Verwaltung Workflow Repository Services |
Portale | Zentraler Einstiegspunkt für Benutzer für Benutzer von Inter-, Intra- und Extranetzen. Portale stellen nicht nur Inhalte zur Verfügung, sondern auch Dienstleistungen, Diskussionsforen und Anwendungen | Syndication Integrationsmöglichkeiten Groupware Katalogisierung von Informationen (Metadaten) Content-Personalisierung |
Jedes Dokument im Unternehmen hat oft seinen eigenen Lebenszyklus. Unterschiedliche Versionen, verschiedene Bearbeiter, verschiedene Ablageorte (das Problem der redundanten Ablage einmal völlig außen vor gelassen) und verschiedene „Level of interests“.
Zu irgendeinem Zeitpunkt ist dann der Lebenslauf eines Dokumentes (gleich welcher Art) beendet und es wird archiviert. Am besten so, dass es wieder gefunden/aufgerufen werden kann und die Archivierung als revisionssicher eingestuft wird.
Wird der Begriff „Dokumenten-Management-System“ (DMS) sehr eng ausgelegt, so meint er ein System zum Management von Dokumenten. Zum Beispiel, wer wann wo welche Änderungen eingefügt und wem in welchem Zeitintervall zur Bearbeitung zugeleitet hat. Dies alles umfasst das vollständige Management eines Dokumentes, bis es archiviert wird.
Ein idealtypisches DMS besteht aus einem Capture-, Retrieval-, Archiv und einer Workflow-Komponente. In den USA liegt nach Erhebungen der Fokus stärker auf der Capture-Komponente, hingegen in Europa die Retrieval- und die Archivteile im Vordergrund stehen. Diese 3 Teile sind dabei sehr stark vom technologischen Stand und der aktuellen Standardisierung der Formate bestimmt. Die Workflow-Komponente greift hingegen weiter: Hier steht die Frage im Vordergrund, ob ein Unternehmen in Prozessen denkt oder nicht und ob diese Prozesse optimiert und gesteuert werden oder nicht.
Betrachtet man nun den Lebenszyklus (der Begriff „LebensLAUF“ im wahrsten Sinne des Wortes passt auch sehr gut), so wird die Notwendigkeit deutlich, noch vor der eigentlichen Einführung eines DMS diesen und die damit verbundenen Prozesse abzubilden und möglicherweise neu zu organisieren. In der Regel sind Dokumente (Briefe, Mails, Faxe, White Papers, Organisationsunterlagen) je nach Typ oder Aufgabe, in einen bestimmten Arbeitsablauf eingebunden. Diese Dokumente nun zu managen, bedeutet in erster Linie, ihren Weg zu kennen. Daraus ergibt sich dann der Aufbau, der organisatorische Rahmen, in welchem diese Abläufe stattfinden.
Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass Unternehmen einer bestimmten Größenordnung aus einer Vielzahl variabler Prozesse bestehen. Der Lebenszyklus eines Dokumentes kann sich u.a. ändern durch:
§ Änderung der Rolle der Abteilung
§ Wechsel des aufgabenbezogenen Stellvertreters
§ Vergabe oder Änderung neuer kurz- und mittelfristiger Aufgaben
Prozesse im Unternehmen ändern sich eigentlich ständig in einem bestimmten Umfang. Damit verbunden sind auch Änderungen der Untergruppen dieser Prozesse, was die mit den Abläufen verbundenen Dokumente und deren Lebenszyklen mit einschließt. Statt ausschließlich nur die Untergruppe der Prozesse im Fokus zu haben und nur den Fluss der Dokumente zu organisieren, lohnt sich oft ein weiterer Blickhorizont. Ein Dokument ist nur Bestandteil eines größeren Prozesses – daher kann der Workflow eines Dokumentes nur der Anfang sein, den Blick auf die Struktur der Prozesse insgesamt zu richten.
Folgende Kriterien sind entscheidend, ob eine Intranet-Plattform das Wissen der Mitarbeiter und ihrer Organisation vermehren und damit erfolgreich sind:
§ Die Informationen müssen richtig und vollständig sein (gemessen an der zu bewältigenden Aufgabe).
§ Informationen müssen aktuell
§ Die Informationen müssen für den Nutzer neu sein.
§ Informationen müssen für den Nutzer einen Wert aufweisen.
§ Informationen müssen möglichst einfach zu finden, zu verarbeiten und in den eigenen Arbeitsablauf integrierbar sein.
§ Informationen müssen mit Anregungen, Beispielen, Erfahrungen anderer "Informationsnutzer" angereichert werden; dies fördert die kreative Nutzung der Informationen.
§ Es muss auch Spaß machen, ein Themenportal zu nutzen; dazu trägt die optische Gestaltung ebenso bei, wie Elemente der Unterhaltung, die einen thematischen Bezug haben und vielleicht sogar das spielerische Lernen fördern.
Wenn es gelingt, diese Faktoren zusammenzuführen, dann kann ein Unternehmen eine lebendige und effizientes Wissensmanagement im Unternehmen integrieren (z.B. in Form einer Business-Community oder Community of Practice).
© Oliver Recklies, Juni 01
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