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Strategische und operative Ebenen im Wissensmanagement
Von Oliver Recklies
Trends der Wissensgesellschaft
Wissensziele auf verschiedenen Ebenen
Aufbau von Wissen unter Beachtung strategischer Ziele
Die Übersetzung der Visionen in konkrete Maßnahmen
Wissensmanagement ist eine aktuelle Herausforderung für alle Unternehmen, die in der Informationsgesellschaft überleben und ihre Position im Wettbewerb ausbauen wollen. Das Management der klassischen Produktionsfaktoren (Arbeit, Kapital) scheint sehr stark schon ausgereizt zu sein und bietet vergleichsweise relativ wenig Optionen für starke weitere Entwicklungsschübe. Demgegenüber scheint das Management des Wissens seine Zukunft noch vor sich zu haben. Wissen ist die Ressource im Unternehmen, die nicht durch ihren Gebrauch abgenutzt, sondern im Gegenteil noch vermehrt wird.
Aus der Managementperspektive muss als erstes geklärt werden, wie sich die veränderte Bedeutung von Wissen auf die eigene Situation im Wettbewerb kurz- und langfristig auswirken wird. Dazu ist ein tieferes Verständnis der zugrundeliegenden Dynamik der Wissens- und Informationsgesellschaft notwendig.
Expansion des Wissens: Nach der Erfindung der Druckerpresse dauerte es mehr als 300 Jahre, bis sich das weltweite Volumen der verfügbaren Informationsmedien zum ersten Mal verdoppelte. Gegenwärtig erfolgt eine solche Verdoppelung ca. alle 5 Jahre!
Fragmentierung des Wissens: Mit der Vermehrung des gesamten Wissens erfolgt eine gleichzeitige und immer weitergehende Spezialisierung der wissenschaftlichen Disziplinen. Vor 100 Jahren konnte ein Universalgelehrter noch einen Gesamtüberblick über den Stand nahezu aller wissenschaftlichen Forschungsgebiete gewinnen, so kommt es heute bereits innerhalb eines Faches zu mitunter beachtlichen Kommunikationsproblemen zwischen Mitgliedern verschiedener Spezialdisziplinen auf.
Globalisierung: Die weitergehende Globalisierung der Wirtschaft hat auch zu einer Globalisierung des Wissens geführt. Die Geschäftsmodelle und ihre Erfolgsgeschichten von Unternehmen wie CNN und Microsoft dokumentieren einen Weg zur Entwicklung des globalen Dorfes, in dem Differenzen von Raum (Staat) oder Zeit eine immer geringere Rolle spielen.
Die Wissenszielsetzung in einem Unternehmen muss mit der strategischen Einbindung der Perspektiven von Wissenszielen beginnen. Wissensziele unter dem Aspekt von bewussten Aussagen über zu bewahrende und aufzubauende Kompetenzen haben sich dabei als eine strategische Konstante in der Unternehmensentwicklung erwiesen. Strategische Ziele müssen aber – sollen sie ihre volle Wirkung entfalten – in den passenden Unternehmenskontext eingebettet und durch eine konsequente operative Zielsetzung unterstützt werden. Betrachtet man die Ebenen des Managements nach den Bereichen Norm, Strategie und Operation, können die nachfolgenden Strukturen, Aktivitäten und Verhaltenskriterien abgeleitet werden.
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Strukturen |
Aktivitäten |
Verhalten |
Normatives Management |
Unternehmensverfassung: Rechtliche Strukturen, Auswirkungen auf WM (Geheimhaltung) |
Unternehmenspolitik: Wissensleitbild Identifikation von kritischen Wissensleitbildern |
Unternehmenskultur: Wissensteilung erwünscht Innovationsgeist Kommunikationsintensität |
Strategisches Management |
Organisationsstrukturen: Konferenzen, Berichtswege, F&E-Organisation, Erfahrungszirkel
Managementsysteme: EIS, Lotus-Notes, MS Exchange |
Programme: Kooperation Aufbau von Kernkompetenzen Informatisierung |
Problemverhalten: Orientierung an Wissenszielen Problemorientierte Wissensidentifizierung |
Operatives Management |
Organisatorische Prozesse: Steuerung von Wissensflüssen
Dispositionsprozesse: Wissensinfrastruktur Wissensbereitstellung |
Aufträge: Wissensprojekte Aufbau Expertendatenbank CBT[1]-Einführung |
Leistungs- und Kooperationsverhalten: Wissensteilung Knowledge in action |
Dabei gilt es nun, im Rahmen des eigentlichen Wissensmanagements die Strukturen, Aktivitäten und die Verhaltensweisen mit Leben zu füllen.
3 M (Minnesota Mining and Manfakturing) erkannte, dass die Innovationseffizienz auch eine Frage der Unternehmenskultur ist. Das Innovationsmanagement des Unternehmens fokussierte daher auf eine Politik des Vertrauens, der Offenheit sowie der Fehlertoleranz, um Mitarbeiter zum Ausschöpfen von Freiräumen und zum Testen von Neuem zu ermutigen. Im Hinblick auf die Zeitbudgetierung gilt beispielsweise, dass jeder Mitarbeiter das Recht hat, 15 % seiner Arbeitszeit auf Projekte außerhalb seines eigentlichen Aufgabengebietes zu verwenden. Dadurch werden die Informationsbarrieren der Abteilungen aufgelöst und funktionsübergreifende Projekte gefördert. Dem Management werden bei 3M darüber hinaus zehn Regeln an die Hand gegeben, durch die das Innovationsklima gefördert werden soll. Diese sind:
· Schaffen Sie Denkfreiräume für Ihre Mitarbeiter.
· Heben Sie Denkverbote auf.
· Erlauben Sie Fehler.
· Würdigen Sie Innovationsleistungen.
· Fördern Sie intensive Kommunikation.
· Werden Sie Coach für Innovationen.
· Beziehen Sie wichtige Kunden ein.
· Innovationen können aus vielen Quellen kommen.
· Produkte gehören dem Vertriebsbereich – Technologien dem gesamten Unternehmen.
· Rechnen Sie mit Innovationshürden.
Die erfolgreiche Umsetzung einer Geschäftsstrategie ist nicht nur auf vorhandene organisatorische Fähigkeiten angewiesen. Ebenso bestimmen die strategischen Entscheidungen, welche neue Fähigkeiten und Kompetenzen im Unternehmen aufgebaut werden. Somit sind Strategie und Wissensmanagement auch immer miteinander verbunden – positiv als auch negativ. Werden beispielsweise strategische Entscheidungen unter Vernachlässigung der Wissensperspektive getroffen, kann dies nicht nur den Aufbau und die Entwicklung neuer Kompetenzen verhindern, sondern auch zur Erosion des vorhandenen Bestandes an Fähigkeiten beitragen.
Strategische Wissensziele können im wesentlichen zwei verschiedene Funktionen erfüllen. Werden sie auf der Basis einer bestehenden Strategie formuliert, dann erleichtern sie es, die Umsetzung dieser Strategie aus Wissenssicht zu bewerten. Als eigenständige Zielformulierung hingegen können sie es umgekehrt ermöglichen, neue strategische Optionen zu erzeugen. Dadurch können sie in Ergänzung der strategischen Planung die Sicherung des organisationalen Wissensbestandes fördern, indem sie eine Beschreibung des zukünftigen Fähigkeitenbedarfs liefern. Prahald und Hamel verweisen in diesem Zusammenhang auf die sogenannten Kernkompetenzen.
Durch die Analyse der zu erstellenden Endprodukte sowie der zur Erstellung notwendigen Wertekette erhält das Unternehmen Antwort auf die Frage, welche Fähigkeiten bewahrt oder neu entwickelt werden sollen und welche sich als überflüssig bzw. überholt erweisen. Ferner können sie Zielsetzungen für die strategische Gestaltung von Organisationsstrukturen und Managementsystemen formulieren, die zur Erlangung dieses Wissens(niveaus) und dieser Kompetenzen benötigt werden.
Ein Kernproblem vieler neuer Managementansätze besteht darin, das sie auf der hohe Ebene der strategischen Reflexion verharren und die Resultate dieser Reflexion nicht in die konkrete Implementierungsphase gelangen können. Viele Unternehmen sind in der Lage, ihre Kernkompetenzen zu analysieren und zu beschreiben, doch nur wenige sind auch tatsächlich in der Lage, anhand dieser Auswertungen Konsequenzen für ihr konkretes Tagesgeschäft zu ziehen. Dies wiegt umso schwerer, da im Bereich Wissensmanagement möglichst viele Mitarbeiter miteingebunden werden müssen, um das Unternehmen auch weiter zu entwickeln und ihm (dem Unternehmen) neue Fähigkeiten zuzuführen. Um diese Umsetzung zu gewährleisten, sind operative Wissensziele zu definieren. Die Definition operativer Wissensziele soll somit verhindern, dass es zu einem Verkümmern des Wissensmanagements auf der Stabs- und Strategieebene kommt.
Operative Wissensziele:
· Sichern die Umsetzung des Wissensmanagements auf operativer Ebene,
· Übersetzen somit die normativen und strategischen Wissensziele in konkrete Teilziele,
· Unterstützen die Optimierung der Infrastruktur des Wissensmanagements und
· Gewährleisten eine angemessene (d.h. notwendige) Umsetzung der Überziele in Unterziele bei Einbeziehung der verschiedenen Hierarchieebenen im Unternehmen.
Im gesamten Verlauf dieses Prozesses ist zu beachten, dass ein reiner Top-Down-Ansatz ungewisse Erfolgsaussichten hat. Auf allen Stufen wird es vielmehr Rückkoppelungsprozesse geben, die eine Anpassung und Veränderung der übergeordneten Wissensziele notwendig machen kann. Es ist möglich, dass eine Umsetzung von Wissenszielen aufgrund von Limitierungen der Ressourcen oder der Abweichung von anderen Unternehmenszielen verhindert wird. Es ist aber auch ebenso möglich, dass im Übersetzungsprozess neue Kompetenzen aufgedeckt werden, die zusätzliche Mittel frei werden lassen oder dem Prozess eine neue Richtung geben. Eventuell ist es auch möglich, Wissensziele, die in einer Abteilung nicht erfüllt werden können, auf andere Abteilungen zu übertragen.
© Oliver Recklies, April 01