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Der Einzelhandel schafft sich seine Nachfrage selbst

Veröffentlicht am 31. Dezember 2015
Geschrieben von Dagmar Recklies

Kurz vor dem Jahreswechsel flatterte mir der Aldi-Prospekt für die erste Woche im neuen Jahr ins Haus. Der Inhalt war nicht überraschend, aber doch ein gutes Beispiel dafür, wie sich der Einzelhandel seine Nachfrage ein Stück weit selbst schafft.

Kurz vor dem Jahreswechsel flatterte mir der Aldi-Prospekt für die erste Woche im neuen Jahr ins Haus. Der Inhalt war nicht überraschend, aber doch ein gutes Beispiel dafür, wie sich der Einzelhandel seine Nachfrage ein Stück weit selbst schafft.

Ein Thema kam nicht unerwartet: Fitnessausstattung aller Art.

Aldi-Prospekt als Beispiel wie sich der Handel seine Nachfrage selbst schafft
Aldi zum Jahresbeginn: "Sie haben die guten Vorsätze - wir die passenden Geräte"

In den Wochen vor Weihnachten hat Aldi uns via Prospekt jede Mange Dickmacher Köstlichkeiten angetragen. Nun sind vermutlich die Folgen an der Waage abzulesen und die Zeit für gute Vorsätze ist es ja auch. So profitiert der Handel von dem Weihnachtsgelage doppelt: mit hohen Umsätzen direkt und indirekt mit einer gesteigerten Nachfrage nach Möglichkeiten, die unerwünschten Pfunde wieder loszuwerden.

So weit so erwartet.

Doch der kluge Händler denkt weiter. Man will ja schließlich im nächsten Jahr auch etwas verkaufen. Spätestens wenn sich die Strand- und Freibadsaison nähert, könnte man doch mal wieder Fitnessausstattung verkaufen. Damit dann eine ordentliche Nachfrage besteht, sollte man vorsichtshalber etwas nachhelfen. Wie wäre es mit gutem Essen?

So heißt dann das zweite große Thema im aktuellen Aldi-Prospekt „Köstliches aus den Alpen – Erobern Sie den Gipfel der Genüsse“.

Aldi-Prsospekt als Beispiel wie der Handel sich seine Nachfrage selbst schafft:
Nach dem (geplanten) Sport ein gutes Essen: "Köstliches aus den Alpen"

Auch hier ist der Effekt ein Doppelter: Da man sich ja gerade ein Power-Fitnessband, ein Balance Kissen und eine Fitnesstasche in den Einkaufswagen gelegt hat, ist man quasi schon ein Stück fitter geworden. Da kann man sich doch mal etwas gönnen. Also greift man gleich zur Packung Käsespätzle aus der „Herzhaften Alpenküche“.

Was hier wirkt ist der Licensing-Effekt. Forscher haben herausgefunden, dass Konsumenten mehr ungesunde Lebensmittel einkaufen, wenn sie sich zuvor etwas Gesundes aus der Gemüseabteilung in den Wagen getan haben. Einen guten Beitrag gab es dazu vor kurzem in der NY Times: How Salad Can Make Us Fat.

Beim Handel und bei den großen Lebensmittelkonzernen nehmen wir dieses Vorgehen fast kritiklos hin. Als Betriebswirt kann ich sogar einen gewissen Respekt vor dieser ausgefeilten Vorgehensweise nicht verhehlen. Aber was wäre, wenn das alle so machen? In einigen Branchen wäre man da ziemlich schnell an der Grenze des ethisch Akzeptierten.

Stellen Sie sich mal einen Unternehmensberater vor, der Gründern hilft, für jede noch so fragwürdige Geschäftsidee eine Finanzierung zu bekommen. Sein zweites Geschäftsfeld ist übrigens Krisen- und Turnaroundmanagement und eine Zulassung als Insolvenzverwalter hat er auch. Weil er ein cleverer Geschäftsmann ist, hat er sich außerdem angewöhnt, seinen Pleite-Mandanten gleich einen leeren Fördermittelantrag in die Hand zu drücken – für die nächste Geschäftsidee.

Zurück zum Einzelhandel: Gegen den Licensing-Effekt soll es schon helfen, wenn man sich seiner Entscheidungen bewusst ist. Also denken Sie beim nächsten Einkauf genau darüber nach, was Sie sich da in den Wagen tun.

Falls Sie sich unbedingt schon vorab für Ihre künftigen sportlichen Erfolge belohnen wollen, dann kaufen Sie sich doch einen Blumentopf. Auch die hat Aldi nächste Woche im Angebot:

Aldi-Prospekt als Beispiel wie sich der Handel seine Nachfrage selbst schaft
Belohnungen aller Art: Wenn Sie die Richtige wählen, müssen Sie im Sommer kein neues Fitnessgerät kaufen

 

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