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EMIR nimmt Derivaten den Glanz

Veröffentlicht am 02. Juli 2012
Geschrieben von PwC

Die stärkere Reglementierung des außerbörslichen Derivatehandels in der Europäischen Union wird den Finanzsektor ab 2013 nachhaltig verändern. Durch die Verpflichtung, außerbörsliche Derivate über zentrale Kontrahenten abzuwickeln, dürfte das Handelsvolumen zumindest mittelfristig deutlich sinken, wie aus einer Studie der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC mit der Goethe-Universität Frankfurt am Main hervor geht. Insbesondere die kommende „European Market Infrastructure Regulation" – kurz EMIR – sowie die gegenwärtig diskutierte Überarbeitung der „Markets in Financial Instruments Directive" (MiFID II) bringen nach Einschätzung der Investmentbanker und Asset Manager höhere Kosten sowie einen Rückgang der Erträge.

Die stärkere Reglementierung des außerbörslichen Derivatehandels in der Europäischen Union wird den Finanzsektor ab 2013 nachhaltig verändern. Durch die Verpflichtung, außerbörsliche Derivate über zentrale Kontrahenten abzuwickeln, dürfte das Handelsvolumen zumindest mittelfristig deutlich sinken, wie aus einer Studie der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC mit der Goethe-Universität Frankfurt am Main hervor geht. Insbesondere die kommende „European Market Infrastructure Regulation" – kurz EMIR – sowie die gegenwärtig diskutierte Überarbeitung der „Markets in Financial Instruments Directive" (MiFID II) bringen nach Einschätzung der Investmentbanker und Asset Manager höhere Kosten sowie einen Rückgang der Erträge.

An der Studie beteiligten sich insgesamt 26 Banken, Investmentbanken und Asset Manager aus Europa. Nach Ansicht der meisten befragten Unternehmen (rund 60 Prozent) wird das Volumen im Derivatehandel bereits im laufenden Jahr zurückgehen, vier von zehn Marktteilnehmern rechnen mit einem Minus von bis zu 20 Prozent. Eine Erholung erwarten die Befragten erst ab 2015, allerdings wagt nahezu jedes fünfte Institut keine langfristige Marktprognose. Noch pessimistischer fallen die Ertragserwartungen aus: Vier von fünf Banken rechnen auf Grund von EMIR mit sinkenden Erträgen, von den Instituten auf der Käuferseite fürchten 40 Prozent sogar ein deutliches Minus. Im Asset Management ist das Bild hingegen noch undifferenziert: Jedes zweite befragte Unternehmen kann noch nicht einschätzen, wie sich die Erträge auf Grund der Regulierungsänderung entwickeln werden.

"Die Umfrageergebnisse offenbaren ein Dilemma: Einerseits ist den Marktteilnehmern klar, dass künftig der größte Teil der außerbörslich gehandelten Derivate nicht mehr bilateral, sondern über zentrale Kontrahenten abgewickelt werden muss. Andererseits sehen die meisten Befragten kaum Vorteile in der Neuregelung, sondern erwarten vor allem höhere Kosten und geringere Ertragschancen. Dies dürfte zumindest einigen außerbörslichen derivativen Geschäften die Grundlage entziehen", erläutert Thorsten Gommel, Partner bei PwC im Bereich Financial Services.

Vor diesem Hintergrund ist auch die schleppende Implementierung der EMIR-Anforderungen zu sehen. „Die Marktteilnehmer hoffen offenbar auf eine Verzögerung der Regulierung, denn obwohl die Verordnung nach derzeitigem Stand bereits zum 1. Januar 2013 in Kraft tritt, hat keiner der befragten Marktteilnehmer die notwendigen Vorbereitungen weitgehend abgeschlossen. Ein wesentlicher Grund ist, dass viele Details der Neuregelungen noch nicht geklärt sind. Daher ist es wichtig, dass Kunden und Dienstleister in diesem Bereich ihre Anforderungen sehr schnell transparent machen und gemeinsam umsetzen", betont Professor Dr. Peter Gomber von der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Großer Handlungsbedarf besteht insbesondere bei Buy-Side-Instituten. Hier haben knapp 40 Prozent der Befragten noch nicht mit der Implementierung begonnen, während dies auf der Sell-Side nur für jeden neunten Marktteilnehmer gilt.

Zentrale Gegenparteien werden unterschiedlich bewertet
Eine der wesentlichen Aufgaben für die Marktteilnehmer ist nun die Auswahl geeigneter zentraler Gegenparteien (Central Counterparties, CCPs) für das Clearing von OTC-Derivaten. Da viele neue Anbieter in diesem Markt gerade erst am Entstehen sind, ist das Angebot für die befragten Marktteilnehmer immer noch sehr unübersichtlich. Die Studie zeigt zudem eklatante Unterschiede, welche Kriterien für die Auswahl von CCPs von der Buy- und Sell-Side als wichtig eingestuft werden. Während beispielsweise Asset Manager eine möglichst breite Instrumentenabdeckung und rechtliche Sicherheit im Insolvenzfall hoch gewichten, haben bei den Investmentbanken, über die sie sich letztlich an die CCPs anbinden werden, die Clearing-Gebühren, Konto- und Margin-Modelle oberste Priorität. "Die Befragung zeigt deutlich, dass es zwischen Buy- und Sell-Side noch keinen Konsens hinsichtlich der Auswahl geeigneter CCPs gibt", erläutert Thorsten Gommel.

Käufer fürchten Kostenanstieg
Zwar erwarten die meisten Befragten auf Grund der Verpflichtung, außerbörsliche derivative Geschäfte zentral abwickeln zu müssen, höhere Kosten in Verbindung mit Termingeschäften. Besonders ausgeprägt ist diese Sorge jedoch auf der Käuferseite: Hier befürchten ausnahmslos alle Befragten einen "sehr starken" Kostenanstieg. Demgegenüber glaubt jeder fünfte Befragte auf der Sell-Side und ein ebenso großer Teil der Asset Manager, dass die Kosten unverändert bleiben.

 

 

Überraschenderweise haben die dargestellten Nachteile von EMIR aus Sicht der Marktteilnehmer so gut wie keine Konsequenzen für die zukünftige Struktur ihres Portfolios. Das dominierende Motiv für den Handel mit Derivaten bleibt nach Einschätzung der Befragten weiterhin die Absicherung von Risiken: Rund 75 Prozent des Portfolios der Studienteilnehmer wird zum Hedging eingesetzt, bei Asset Managern liegt der Anteil sogar bei über 90 Prozent. Durchschnittlich verwenden die Marktteilnehmer 17 Prozent ihres Portfolios zur Ausschöpfung von Arbitragemöglichkeiten, während nur zehn Prozent des Portfolios für spekulative Zwecke genutzt werden.

MiFID II wirft Fragen auf
Verbreitete Unsicherheit herrscht zudem über die konkreten Anforderungen und Konsequenzen von MiFID II. Etwa jeder vierte befragte Marktteilnehmer vermag derzeit nicht abzuschätzen, welcher Implementierungsaufwand mit der Neufassung der Verordnung verbunden sein wird.

Zudem sind vielen Befragten die Folgen für die Ertragsentwicklung unklar: Gut 20 Prozent der Banken und sogar fast 50 Prozent der Asset Manager können derzeit nicht prognostizieren, wie sich MiFID II auf ihre Erlöse aus dem Derivatehandel auswirken wird. Die Tendenz ist allerdings eindeutig: Von den Instituten auf der Sell-Side gehen rund 70 Prozent von einem Ertragsrückgang aus, auf der Buy-Side sagen dies etwa 60 Prozent. Mit steigenden Erträgen rechnet keiner der Marktteilnehmer.

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