Der Tischkicker im Büro – Ist das wirklich eine gute Idee?
Der Tischkicker im Büro ist heute schon fast zum Symbol geworden für eine offene, von Vertrauen und Selbstbestimmtheit geprägte Unternehmenskultur. Gleichzeitig wird er auch belächelt als Trendobjekt, das nicht die echten Herausforderungen des Unternehmens lösen wird.
So manches hoffnungsvolle Start-up ist schließlich heute trotz großer Vision und Tischkicker nur noch eine traurige Anekdote für Keynotes und Fuck-up-Nights.
Natürlich ist das nicht dem Tischkicker anzulasten. Er steht heute noch im Pausenraum so manchen sicher am Markt etablierten Unternehmens. Schließlich traf er auf eine Ära, in der sich die einst starren und formellen Unternehmenskulturen ändern mussten. Zwei Megatrends wirken hier zu Gunsten des Tischkickers:
- Das Marktgeschehen in fast jeder Branche ist komplexer, dynamischer und vernetzter geworden. Starre Hierarchien und Jobbeschreibungen mit klaren Abgrenzungen passen nicht mehr in dieses Umfeld. Um mithalten zu können, brauchen Unternehmen flexible, eigenverantwortliche und sich selbst organisierende Teams.
New Work ist mehr als ein neuer Trend, den die Beratungsbranche verkauft. - Der „Kampf um die Talente“ ist längst ausgebrochen. Es gibt kaum noch einen Kleintransporter einer Handwerksfirma, auf dem nicht der „Kollege gesucht“-Aufkleber prangt. In Verwaltung, Entwicklungsabteilung und Marketing kleiner und großer Unternehmen sieht es nicht anders aus.
Deshalb arbeitet heute fast jedes Unternehmen an seinem Image als „attraktiver Arbeitgeber“. Der Tischkicker wird dabei nicht selten zum Symbolobjekt.
Doch kann der Tischkicker im Pausenraum wirklich seinen Beitrag zu Teambildung und moderner Arbeitskultur leisten? Oder fristet er ein trauriges Dasein zwischen zeitfressender Ablenkung und eingestaubter, längst versandeter New Work-Initiative?
Der Siegeszug des Kickertischs in deutschen Büros und Pausenräumen
In den 2000er Jahren etablierte sich in Deutschland eine Startup-Szene. Junge Unternehmen verfolgten andere Ansätze als ihre traditionellen Vorgänger. Dazu gehörten nicht nur andere Prozesse, sondern auch eine andere Unternehmenskultur. Mit viel Freiräumen, Flexibilität und Vertrauen in jeden einzelnen Mitarbeiter grenzten sie sich bewusst von traditionellen Arbeitsweisen und Hierarchien ab.
Der Tischkicker wurde als Symbol für eine lockere, kreative und informelle Arbeitsatmosphäre betrachtet, die den Teamgeist, die Kreativität und die Zusammenarbeit fördert. Die Atmosphäre wirkte ansteckend. Immer mehr etablierte Unternehmen machten sich auf den Weg, selbst etwas Startup-Kultur zu entwickeln. Von da an wurden Tischkicker in vielen Unternehmen, insbesondere in der IT- und Kreativbranche, beliebt und sind bis heute in vielen modernen Büros zu finden.
In dieser Phase wurde auch New Work populär.
New Work ist ein moderner Ansatz für die Arbeitswelt, der darauf abzielt, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den Mittelpunkt zu stellen und ihnen mehr Flexibilität, Selbstbestimmung und Sinnhaftigkeit in ihrer Arbeit zu ermöglichen. Es betont die Bedeutung von Eigenverantwortung, Kollaboration, Innovation und Kreativität und setzt auf eine offene, flexible und inklusive Arbeitskultur, die auf Vertrauen und Zusammenarbeit basiert. New Work strebt danach, traditionelle Hierarchien und starre Arbeitsstrukturen aufzubrechen und den Bedürfnissen und Werten der modernen Arbeitswelt gerecht zu werden.
Auch in diesem Umfeld konnte der Tischkicker seine Präsenz als Bestandteil einer neuen Teamkultur entfalten.
Der Tischkicker im Büro – Teammitglied mit Stärken und Schwächen
Eine neue Unternehmenskultur lässt sich nicht auf Anweisung und nicht in einer vierwöchigen Workshop-Reihe etablieren. Da kann auch der Tischkicker nichts retten. Mit dieser Aufgabe würde man ihm zu viel aufbürden.
Fakt ist jedoch, dass der Kickertisch in dem richtigen Umfeld ein seinen Beitrag leisten kann, damit die gewünschte Kultur auch mit Leben gefüllt wird. Richtig eingesetzt ist er keineswegs nur ein Symbol für eine „von oben verordnete“ Initiative. Dann wird er zum Symbol für ein neues Vertrauen in die Mitarbeiter. Allerdings muss dieses Vertrauen auch verantwortungsvoll genutzt werden.
Das sind die Vor- und Nachteile eines Tischkickers im Büro:
Die Vorteile – Das kann ein Tischkicker leisten
Teamgeist und Zusammenarbeit:
Die gelegentliche Runde am Kickertisch schafft ein Gefühl von Gemeinschaft. Sie bietet eine Gelegenheit für informelle Pausen und lockere Gespräche abseits des Schreibtischs. Das Team wächst auf der menschlichen Ebene zusammen.
Stressabbau und Entspannung:
Kein Kickerspiel ohne Bewegung und Lachen. Die freundschaftliche „Action“ hilft, Stress abzubauen und sich zu entspannen. Kurze, aktive Pausen helfen, den Kopf freizubekommen. Danach kann man sich mit neuer Konzentration dem wichtigen Projekt zuwenden.
Kreativitätsförderung:
Die besten Ideen kommen nicht nur unter der Dusche. Es ist wissenschaftlich nachgewiesen, dass das Gehirn manchmal Ruhepausen und Abstand benötigt, um Lösungen und Ideen zu entwickeln. Nicht immer kann dafür man einen Waldspaziergang machen oder duschen. Doch für eine Kicker-Runde ist meistens Zeit. Nicht selten erkennt man im lockeren Gespräch mit den Kollegen noch eine Querverbindung, die sich beim Grübeln am Schreibtisch einfach nicht zeigen wollte.
Attraktivität als Arbeitgeber:
Ein Tischkicker im Büro kann auch ein positives Signal an potenzielle Mitarbeiter senden, dass das Unternehmen eine vertrauensvolle und moderne Arbeitsumgebung bietet. Wer bewusst starre und hierarchische Strukturen meiden will weiß, dass er hier richtig ist.
Nichts ist perfekt – Auch der Tischkicker hat eine dunkle Seite
Ablenkung und Zeitverschwendung:
Ein Tischkicker kann auch von der Arbeit ablenken und zum Alibi für Prokrastination werden.
Das sollte man allerdings nicht überbewerten. Ein Mitarbeiter, der ein Spiel zur Ablenkung sucht, wird das immer finden – ob nun an einem Online-Spielautomaten oder auf der Website einer renommierten Zeitung wie der FAZ beim Sudoku.
Fehlende Professionalität:
Ein Tischkicker im Büro kann auch als unprofessionell wahrgenommen werden. Das gilt besonders in Branchen mit formeller Arbeitskultur oder Kundenkontakt. Hier entsteht leicht der Eindruck, dass die Mitarbeiter andere Prioritäten haben als das Kundenprojekt.
Platzbedarf und Lärm:
Tischkicker benötigen Platz im Büro, der möglicherweise begrenzt ist. Wird er von Anfang an mit eingeplant, ist das lösbar. Doch nachträglich den Kicker zwischen Besprechungstisch und Kopierer zu quetschen ist keine Lösung. Außerdem ist jede fröhliche Kicker-Runde unvermeidlich mit lauten Geräuschen verbunden. Auch das ist nicht in jeder Umgebung akzeptabel.
Ungleichheiten und Konflikte:
Auch rund um den Kickertisch menschelt es.
Was passiert, wenn sich die Mitarbeiter gegenseitig beäugen und mitzählen, wer wieviel Zeit beim Kickern verbringt?
Was passiert, wenn einzelne Kollegen einfach keine Freude am Kickern haben und sich zunehmend ausgeschlossen fühlen?
Dann schlägt die gut gemeinte Initiative schnell ins Gegenteil um.
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Bildquelle https://pixabay.com/de/photos/tischfu%c3%9fball-kickern-wuzzler-5465805/
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