Führen ohne disziplinarische Macht – Projektverantwortung wirksam leben
In vielen Unternehmen übernehmen immer mehr Personen Führungsverantwortung, ohne über eine formale Weisungsbefugnis zu verfügen.
Diese Konstellation zeigt sich besonders im Projektmanagement: Projektverantwortliche steuern komplexe Aufgaben, koordinieren Teams und vertreten Arbeitsergebnisse gegenüber Stakeholdern – ohne dass ihnen ein disziplinarisches Mandat zur Verfügung steht. Die Herausforderung: Wirkung entfalten ohne formale Macht.
Laterale Führung ist kein Randphänomen mehr
Matrixstrukturen, interdisziplinäre Teams und agile Organisationsformen führen dazu, dass viele Projekte quer zur Linienorganisation verlaufen. Projektverantwortliche agieren damit oft in einer Rolle, die zwischen Moderation, Steuerung und Führung angesiedelt ist – ohne klare Abgrenzung. In der Praxis entsteht daraus ein komplexes Spannungsfeld: Entscheidungen müssen getroffen, Konflikte gelöst, Leistungen eingefordert werden – und das alles ohne klassische Autorität.
Diese Rollenanforderung erzeugt ein komplexes Spannungsfeld. Projektverantwortliche befinden sich in einem Umfeld ohne klare Abgrenzung, aber mit hohen Erwartungen. Wer sich dieser Verantwortung stellt, benötigt weit mehr als methodisches Wissen: Persönliche Wirksamkeit und soziale Kompetenz rücken in den Vordergrund. Denn reine Aufgabenverwaltung genügt nicht, um Projekte erfolgreich zu steuern.
Gestaltungswille als Schlüsselfaktor
Laterale Führung entfaltet Wirkung nur dann, wenn Projektverantwortliche bereit sind, Verantwortung in einem umfassenden Sinne zu übernehmen. Gemeint ist nicht das bloße Abarbeiten definierter Arbeitspakete, sondern das aktive Gestalten von Rahmenbedingungen und Prozessen. Dazu gehört, Zielbilder zu entwickeln, Erwartungen zu klären, Strukturen zu etablieren und tragfähige Beziehungen aufzubauen.
Wer in einer koordinierenden Rolle verharrt und darauf wartet, dass andere die Richtung vorgeben, verliert an Einfluss. Führung ohne Macht basiert auf Haltung und Initiative – nicht auf Funktion. Der Gestaltungswille trennt die bloße Projektabwicklung von echter Führungsverantwortung. Besonders in Phasen mit hoher Unsicherheit braucht es Personen, die bereit sind, Orientierung zu bieten und Entscheidungen mitzutragen.
Kontextklärung am Projektbeginn
Ein wirksames Instrument lateraler Führung ist die systematische Kontextklärung zu Beginn eines Projekts. Bereits vor dem operativen Start sollten grundlegende Fragen geklärt werden: Welche Ziele verfolgt das Projekt? Welche Rollen und Zuständigkeiten bestehen? Wer entscheidet in welchen Fällen? Welche Eskalationswege sind vorgesehen?
Diese Fragen frühzeitig zu thematisieren, schafft nicht nur Transparenz, sondern auch Vertrauen. Projektverantwortliche, die diese Klarheit ermöglichen, legen die Grundlage für ein belastbares Teamgefüge. Dabei geht es nicht um Kontrolle, sondern um Orientierung. Und nicht selten zeigt sich: Der Mangel an disziplinarischer Macht ist weniger problematisch als der Mangel an abgestimmten Erwartungen.
Kommunikation statt Durchgriff
Ohne formale Weisungsbefugnis ist Kommunikation das wichtigste Werkzeug lateraler Führung. Es geht darum, Überzeugungskraft zu entfalten, Dialogbereitschaft zu fördern und Anschlussfähigkeit herzustellen. Projektverantwortliche müssen unterschiedliche Interessen moderieren, Zielkonflikte sichtbar machen und gemeinsame Lösungen entwickeln – besonders dann, wenn Teammitglieder aus verschiedenen Fachrichtungen oder Organisationseinheiten kommen.
Die Fähigkeit, Zusammenhänge verständlich zu erklären und Sinnbezüge herzustellen, wirkt oft stärker als jede formale Autorität. Wer in der Lage ist, dass „Warum“ hinter den Aufgaben zu vermitteln, schafft Identifikation. Gleichzeitig gilt es, Beiträge sichtbar zu machen und Erfolge zu würdigen. Diese Wertschätzung stärkt die Motivation und erhöht die Bereitschaft zur Zusammenarbeit.
Rolle, Reflexion und Weiterbildung
Die Erfahrung zeigt: Viele Unsicherheiten in lateralen Führungsrollen entstehen nicht aus fehlendem Wissen, sondern aus unklarer Rollendefinition. Projektverantwortliche fragen sich häufig, welche Erwartungen sie erfüllen sollen: Wer bin ich in diesem Projekt – Moderator, Entscheider, Dienstleister, Stakeholder-Manager? Und wie gehe ich mit den Erwartungen um, die von allen Seiten an mich herangetragen werden?
Solche Fragen lassen sich nicht immer allein beantworten. Eine bewusste Auseinandersetzung mit der eigenen Rolle ist deshalb unverzichtbar. Kollegiale Beratung, Supervision oder gezielte Weiterbildungsformate können helfen, den eigenen Führungsanspruch realistisch zu definieren. Neben methodischem Projekt-Know-how kommt es dabei auf soziale und kommunikative Kompetenzen an – also auf die Fähigkeit, mit Ambiguität, Verantwortung und Unterschiedlichkeit produktiv umzugehen.
Ein neutraler, strukturierter Lernraum – wie ihn entsprechende Formate bieten – kann als Einstieg oder als Standortbestimmung hilfreich sein. Er unterstützt dabei, den eigenen Anspruch und die eigenen Möglichkeiten realistisch zu justieren. Informationen zu solchen Angeboten im Bereich Projektmanagement und Führung sind öffentlich zugänglich und dienen der Orientierung.
Typische Fehler – und wie man ihnen begegnet
Erfahrungen aus der Praxis zeigen, dass bestimmte Verhaltensmuster die Wirksamkeit lateraler Führung deutlich einschränken. Dazu zählt etwa die Konzentration auf reine Fachkompetenz. Wer ausschließlich über Expertise führen möchte, verkennt die Bedeutung von Orientierung, Moderation und Beziehungsgestaltung. Auch ein Rückzug bei Spannungen – nach dem Motto „Dafür bin ich nicht zuständig“ – schwächt die eigene Position im Team erheblich.
Gleichzeitig ist ein autoritärer Führungsstil – also der Versuch, fehlende Macht durch Kontrolle zu kompensieren – meist zum Scheitern verurteilt. Ohne formale Autorität wirken solche Versuche schnell unangemessen oder übergriffig. Erfolgreiche Projektverantwortliche entwickeln stattdessen eine authentische Führungsrolle, die auf Kooperation, Dialog und Verbindlichkeit basiert. Sie bringen Spannungen zur Sprache, statt sie zu ignorieren – und setzen auf nachvollziehbare Regeln statt auf implizite Ansprüche.
Fazit: Führung braucht nicht immer Macht – aber Haltung
Laterale Führung ist keine Alternative zur klassischen Hierarchie, sondern eine eigenständige Führungsform mit klaren Anforderungen. Sie beruht nicht auf Weisungsbefugnis, sondern auf Einfluss, Klarheit und kommunikativer Wirksamkeit. Vertrauen, Selbststeuerung und die Fähigkeit zur Abgrenzung sind dabei ebenso zentral wie ein reflektierter Umgang mit Verantwortung. Wer bereit ist, jenseits formeller Machtstrukturen Orientierung zu geben, Zusammenarbeit zu gestalten und Entscheidungen mitzutragen, führt Projekte nachhaltig zum Erfolg.
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Beitragsbild erstellt mit Bing Image Creator und Canva
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