Strategische Planung – oft kritisiert, aber erstaunlich hohe Zufriedenheitswerte
Frei nach dem alten Spruch „Viel Feind, viel Ehr‘“ erfreut sich die strategische Planung als Managementinstrument nicht nur einer ungebrochen hohen Nutzung, sondern auch erheblicher Kritik: Die heutige Unternehmensumwelt ist zweifellos geprägt durch Komplexität, Dynamik und Unvorhersehbarkeit. Ein „traditioneller“ analysegestützter Prozess mit Tools, die für ein ganz anderes Umfeld entwickelt wurden, würde demnach schwerlich zu geeigneten Ergebnissen führen.
Frei nach dem alten Spruch „Viel Feind, viel Ehr‘“ erfreut sich die strategische Planung als Managementinstrument nicht nur einer ungebrochen hohen Nutzung, sondern auch erheblicher Kritik: Die heutige Unternehmensumwelt ist zweifellos geprägt durch Komplexität, Dynamik und Unvorhersehbarkeit. Ein „traditioneller“ analysegestützter Prozess mit Tools, die für ein ganz anderes Umfeld entwickelt wurden, würde demnach schwerlich zu geeigneten Ergebnissen führen.
Diese Kritik ist nicht neu. Henry Mintzberg hat bereits 1994 in The Rise and Fall of Strategic Planning beanstandet, dass die strategische Planung zu oft als formalisierter, analyselastiger Prozess verwendet wird (hier eine excellente Zusammenfassung des Buches).
Diese Kritik ist auch nicht ganz unberechtigt. Ein jährlicher Planungszyklus mit einer ausführlichen, oft stark auf Vergangenheit und Gegenwart gerichteten Anaysephase ist heute in vielen Branchen viel zu langsam. Wissenschaftler, Autoren und Berater diskutieren intensiv neue Ansätze, die den heutigen Rahmenbedingungen für die Strategieentwicklung besser gerecht werden.
Umso erstaunlicher ist es, dass die strategische Planung in der Praxis nicht schlecht bewertet wird:
Bain & Company haben im Sommer ihre Management Tools and Trends Studie 2015 veröffentlicht (Ergebniszusammenfassung in der Pressemitteilung hier). In dieser Studienreihe werden alle zwei Jahre die populärsten Managementtools nach ihrer Nutzung und der Anwenderzufriedenheit geratet. Die aktuelle Studie basiert auf der Befragung von mehr als 13.000 Teilnehmern weltweit. Sie sollte also ein zuverlässiges Bild davon geben, wie sich die untersuchten Methoden in der Praxis bewähren.
In der diesjährigen Studie gehen die ersten fünf Plätze nach Nutzung weltweit an
- Kundenmanagement / CRM (Nutzungsrate 46%)
- Benchmarking (44%)
- Mitarbeiterbefragung (44%)
- Strategische Planung (44%)
- Outsourcing (41%)
Demnach gehört die strategische Planung weiterhin zu den populärsten Managementtools, auch wenn sie von dem Platz 1 im Jahr 2000 erkennbar abgefallen ist.
In Bezug auf die Zufriedenheit der Anwender steht die strategische Planung auf Platz 7 (Note 3,9 von maximal 5,0). Auf Platz 1 steht hier erstmals Big-Data-Analyse (Note 4,01). Den letzten Rang in Sachen Zufriedenheit belegt Outsourcing mit Note 3,61. Das ist insgesamt kein schlechtes Ergebnis für die vielgescholtene strategische Planung.
An dieser Stelle muss man sich fragen, ob die allgegenwärtige Kritik an der strategischen Planung nicht hauptsächlich in der Managementliteratur existiert. In der Praxis scheint sich diese Methode ja weitgehend ungebrochener Beliebtheit zu erfreuen.
Oder liegen diese widersprüchlichen Ergebnisse eher an der Wahrnehmung der befragten Manager?
Ein anderes Ergebnis der Bain-Studie unterstützt diese Vermutung.
Auf die Frage nach ihrer Sicht auf die aktuellen Managementtrends stimmten 75% der Teilnehmer dieser Aussage zu:
„Unsere Fähigkeit uns an Veränderungen anzupassen ist ein wesentlicher Wettbewerbsvorteil.“
Das ist die Aussage mit der höchsten Zustimmungsrate. Bain selbst kommentiert dieses Ergebnis wie folgt:
“Can three out of four firms really be poised to outperform? Clearly, many companies have worked hard to cut costs and improve efficiency throughout the downturn, but we see a significant risk in 75% of respondents believing that they have a competitive advantage relative to their peers. Statistically, it doesn’t add up. (A more realistic number is probably 25%.) Executives who believe that their companies are more competitive because sales and profits are rising in the midst of a recovery risk making some wrong moves due to complacency.”
Es drängt sich der Gedanke auf, dass die befragten Führungskräfte immer noch Probleme haben, die volle Bedeutung der komplexen Herausforderungen in der heutigen Unternehmensumwelt zu erfassen. Viele Unternehmen tun sich schwer damit, die richtigen Schlussfolgerungen aus den Veränderungen und Megatrends für sich zu ziehen – was zugegebenermaßen auch keine leichte Aufgabe ist.
Auch Wissenschaftler und Berater sind immer noch dabei, neue Ansätze zu entwickeln, mit denen die Unternehmen besser durch die geänderten Rahmenbedingungen steuern können. Dabei werden sehr unterschiedliche Wege gegangen. Diese reichen vom Komplexitätsmanagement über Design Thinking und Strategy as simple rules bis zu konkreten neuen Tools wie dem Business Model Canvas.
Möglicherweise verlassen sich die Führungskräfte gerade aus Mangel besser geeigneten und gleichzeitig bewährten Ansätzen weiterhin auf die Methoden, mit denen das Unternehmen vertraut ist und die sich in der Vergangenheit bewährt haben. Das kann zu einem gefährlichen Trugschluss führen:
Die alten Tools scheinen weiterhin gut zu funktionieren, so lange das Unternehmen nicht hart von externen Veränderungen getroffen wird.
Natürlich muss man auch berücksichtigen, dass der Begriff “strategische Planung” eine sehr große Spannbreite an Ansätzen, einzelnen Methoden und Prozessen umfasst. Diese können von Unternehmen zu Unternehmen erheblich voneinander abweichen. Es ist daher anzunehmen, dass zumindest ein Teil der Studienteilnehmer seine strategischen Planungsprozesse bereits an die veränderte Umwelt angepasst und weiterentwickelt hat. Diese Vermutung wird durch ein anderes Ergebnis der Studie unterstützt:
Schaut man sich die Rückmeldungen nach Regionen gegliedert an, so fällt eine hohe Abweichung zwischen Unternehmen aus Nordamerika und aus dem asiatisch-pazifischen Raum auf. Die Nordamerikaner bevorzugen stärker traditionelle Tools, während besonders die chinesischen und indischen Unternehmen stärker auf neue Methoden wie Disruptive Innovation Labs setzen.
Die asiatischen Unternehmen scheinen insgesamt progressive in ihrer Methodenauswahl zu sein. Es ist sicher kein Zufall, dass die o.g. Zufriedenheitswerte als globale Durchschnitte gerade in Bezug auf die strategische Planung starke lokale Differenzen aufweisen. Während die Nordamerikaner eher unzufrieden sind, berichten die Asiaten über eine hohe Zufriedenheit mit ihrer strategischen Planung:
- Weltweiter Durchschnitt: 3,93 (5,00 als maximal erreichbarer Wert)
- Nordamerika: 3,83
- EMEA: 3,89
- Asien / Pazifik: 4,20
- Lateinamerika: 3,92
An dieser Stelle wäre es interessant zu sehen, ob und wie die konkreten strategischen Planungsprozesse von amerikanischen und asiatischen Unternehmen voneinander abweichen.
Ein wirklich gutes Schlusswort setzt die Bain-Studie dazu mit vier Empfehlungen zur optimalen Nutzung der eingesetzten Managementtools (frei übersetzt):
- Die Fakten beachten: Jedes Tool hat seine Stärken und Schwächen. Seine Eignung und sein Nutzen können sich im Zeitablauf ändern. Unternehmen müssen die eingesetzten Tools vollständig verstehen und zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Tools kombinieren
- Auf bewährte Strategien setzen, nicht auf flüchtige Modeerscheinungen: Linienmanager und Methodenverantwortliche haben unterschiedliche Prioritäten und Blickwinkel. Die eingesetzten Tools sollten eine Unterstützung sein und nicht Selbstzweck.
- Für jede Fragestellung die am besten geeigneten Tools auswählen: Die Auswahl und Implementierung der Tools sollte rational erfolgen. Ein Tool liefert Ergebnisse nicht weil es „in Mode“ ist, sondern weil es z.B. hilft unerfüllte Kundenbedürfnisse aufzuzeigen, besondere Fähigkeiten zu entwickeln, Schwächen des Wettbewerbs auszunutzen oder andere zukunftsweisende Strategien zu entwickeln.
- Die Tools an das Unternehmen anpassen, nicht umgekehrt: Die Untersuchungen haben gezeigt, dass Unternehmen, die bei der Methodenauswahl und –implementierung erheblichen Aufwand betreiben, über eine wesentlich höhere Zufriedenheit mit den Ergebnissen berichten. Wenn für eine Methode nur ein begrenzter Aufwand möglich ist, sollte man sie besser gar nicht einsetzen.
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